
Bildhauerei (1)
Was wollte der Mensch, seit Beginn seiner Existenz in dieser Welt, durch die Bildhauerei tun oder darstellen ? Es sieht so aus, als hätte er versucht, eine Kopie seines eigenen Körpers anzufertigen, sogar zu perfektionieren, um ihm die Form zu geben, die er, der Mensch, der in der physischen Welt inkarniert ist, haben wollte. Jedoch nur scheinbar. Die Bildhauer haben vor allem im antiken Griechenland versucht, Formen in vollkommenen Dimensionen zu schaffen, besonders den menschlichen Körper betreffend. Sie stützten sich zu diesem Zweck auf spirituelle « Goldene Regeln », welche die verschiedenen Teile des menschlichen Körpers und ihre Beziehungen zueinander betrafen. Wenn man jedoch einen Blick weiter in die Vergangenheit wirft, sieht man durch die Welt der plastischen Kunst andere Realitäten erscheinen ; und dies gilt auch für das, was seit 100 oder 150 Jahren in diesem Bereich geschieht.
Archäologische Ausgrabungen, die sehr alte Kulturen, wie die der Mayas oder die des alten Indien oder die des afrikanischen Kontinents enthüllen, haben es ermöglicht, Skulpturen in allen Größen zu entdecken, die die menschliche Figur darstellen und deren Dimensionen ganz anders sind als diese, die man im alten Griechenland verwendete ; und dies ist auch sichtbar, aber in einer anderen Form, an Orten wie die Osterinseln, wo Statuen von « humanoiden » Köpfen aufragen, deren Form nichts mit der griechischen Perfektion zu tun hat. Wie ist das zu verstehen ?
Hatte der Mensch am Anfang nicht das Know How und die notwendigen Techniken, um perfektere Formen herzustellen ? Oder gibt es andere Gründe, die den großen Unterschied zwischen den Formen erklären, die im Laufe der Zeit dargestellt wurden ? Ganz abgesehen von den völlig abstrakten Formen, die seit etwas mehr als einem Jahrhundert erdacht und verwendet wurden, die jegliches Streben nach formaler Perfektion oder nach Ähnlichkeit dieser Art, sein gelassen haben, und die das menschliche Erscheinungsbild, oder auch das tierische, sogar das pflanzliche je nach Fall quasi unkenntlich machten. Vielleicht sind es die Pflanzen, die dieser Strömung der Abstraktion, sogar Verformung am ehesten entkommen sind ; was die Bewegung deshalb nicht weniger stark macht, weniger klar definiert.
Die in den bereits erwähnten alten Kulturen verwendeten Formen, dienten nicht dem gleichen Zweck wie diese, die der griechische Bildhauer erschuf. Dies bedeutet, dass der Zweck der Skulptur keinen direkten Bezug zu dem zu haben scheint, was modelliert, geformt oder dargestellt wurde. Im Gegensatz zur Malerei, scheint die Bildhauerei offenbar nicht versucht zu haben eine « realistische » Darstellung zu erzeugen, die dem skulptierten Objekt ist mehr oder weniger genau oder ähnlich ist ; und das seit Beginn seines Auftretens in der Welt. Natürlich gleichen auch in der Malerei die Zeichnungen, die beispielsweise in der Felsmalerei zu finden sind, in keiner Weise genau der damaligen Realität. Und dennoch, trotz der Ungenauigkeit der betreffenden Zeichnungen in Bezug auf ihre Formen oder ihre Proportionen, erweckt das Ganze im Betrachter nicht die gleiche Empfindung wie zum Beispiel eine afrikanische Statuette von vor Jahrhunderten.
Wie bereits betont, liegt der Unterschied in der Tatsache begründet, dass die Zeichnung von Beginn ihres Erscheinens in dieser Welt an, eine mehr oder weniger genaue Darstellung der Realität geben sollte, unabhängig davon, ob diese sichtbar oder möglicherweise von unsichtbarer Art ist (dabei handelt es sich zum Beispiel um nichtinkarnierte Geister). Abgesehen von den vorsätzlich abstrakten, oder symbolischen Formen, sollte die Zeichnung ursprünglich eine (oder die) Realität darstellen ; und darin unterscheidet sich diese Kunst völlig von der Bildhauerei, die ihrerseits durch die fühlbare Form einen Effekt ganz anderer Natur zu erzeugen suchte. Dieser Effekt ist in erster Linie die Konsequenz der drei Dimensionen, die die Skulptur im Gegensatz zu Zeichnung oder Malerei aufbietet. Die Tatsache, in drei Dimensionen kreieren zu können gibt der Skulptur einen « magischen » Effekt, den die Malerei oder die Zeichnung nicht hat. Einen Ton zu hören erzeugt einen besonderen Effekt im Inneren des Menschen, das Betrachten einer Zeichnung oder einer Malerei erzeugt einen anderen Effekt.
Der Ton beeinflusst direkt den emotionalen Bereich, das Gefühl, während die Zeichnung, auch wenn sie diesen Bereich auch berührt, dies durch den Intellekt macht, durch die Vision, oder die Darstellung des « Bildes ». Die Skulptur berührt im Gegensatz dazu den emotionalen Bereich durch die physische Ebene, und dieser Bezug zwischen der Emotionalebene und der physischen Ebene führt zu einem Effekt, der auf den ersten Blick weniger schnell oder weniger tief ist, dafür aber auf lange Sicht nachhaltiger und intensiver. Die sichtbaren, skulpturierten Formen haben im Laufe der Zeit eine sehr große Wirksamkeit eingebracht, größer als diejenigen, die durch malen sichtbar oder durch Klangwirkung hörbar gemacht werden. Es ist dieser tiefgreifende magische Effekt, der der Ursprung eines spezifischeren, besondereren Ziels war, bezogen auf alte skulpturierte Formen, als der Mensch, als die Künstler diese Verbindung zwischen der Form und der Welt in drei Dimensionen noch intuitiv spürte.
Was im negativen Sinne übrig bleibt, ist die Verwendung von menschlichen Formen, die anlässlich magischer Praktiken wie zum Beispiel des Voodoo skulpturiert wurden. Im positiven Sinne, konnte die skulpturierte Form in alten Zeiten dazu dienen, die gute Ernte oder, auf die eine oder andere Weise, die Gnade der Götter, das Glück anzuziehen. Es ist dieser magische Effekt, der der Skulptur ihren ganzen Wert verleiht, und dem Skulpteur eine wahrhafte Verantwortung, die der moderne Künstler im guten Sinn verwenden könnte.
Mother
(Fortsetzung folgt)